Für den kosteneffizienten und sicheren Betrieb europäischer Stromsysteme und zur Bereitstellung von Ausgleichsenergie ist und bleibt Flexibilität eine notwendige Ressource. Zukünftig ist sogar mit einem ansteigenden Bedarf an Flexibilität zu rechnen. Die EU will flexible Lasten besser nutzen, um Netzinvestitionen zu reduzieren und die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Elektrische Warmwasserspeicher (ESWH) sind hochflexible Elektrogeräte mit dem Potenzial, in fast allen Gebäuden eingesetzt zu werden. Sie können daher flexibles Lastmanagement in Verteilnetzen bereitstellen, in denen alternative Flexibilitätsquellen begrenzt sind.
Wir haben den Wert der Flexibilität von ESWHs analysiert, d.h. den Wert, der verloren gehen kann, wenn die Ökodesign-Richtlinie die Verwendung solcher Warmwasserspeicher verbietet. Unsere Analyse zeigt, dass der Wert einzelner Flexibilitätsleistungen je nach benötigter Flexibilität zwischen 8 und knapp 500 €/kW/Jahr liegt.
Elektrische Warmwasserspeicher in Europa mit flexibler Kapazität von mehr als 20 GW
Wir haben die Gesamtspeicherkapazität elektrischer Warmwasserboiler in Europa auf mehr als 120 GWh pro Tag und die tägliche Flexibilitätskapazität auf 20 GW geschätzt. Dies stellt eine bedeutende Quelle an potenziell nutzbarer Flexibilität dar, in etwa in der gleichen Größenordnung wie ca. ein Drittel der französischen Kernkraftwerkskapazität oder die gesamte elektrische Erzeugungskapazität Tschechiens.
Warmwasserspeicher können eine Reihe an Flexibilitätsdiensten leisten
Elektrische Warmwasserspeicher können in verschiedenen Märkten und für unterschiedliche Anwendungen Flexibilitätsdienste bieten, von der Primärreserve bis hin zu Lastverschiebung, sowohl lokal, als auch auf Systemebene. ESWHs haben mehrere attraktive Flexibilitätsmerkmale:
- Speicherung im Warmwasserboiler bedeutet, dass die Stromlast ohne Komfortverlust für den Verbraucher verschoben werden kann
- Sie sind stark verteilt, was bedeutet, dass sie in Gebieten mit wenigen alternativen Flexibilitätsquellen lokale Flexibilität bieten können
- Sie können schnell, automatisch und kostengünstig reagieren
- Die Investitionskosten sind minimal, da ESWHs bereits vorhanden sind
- Die erforderlichen Steuerungs- und Lastmanagementtechnologien sind in vielen Zusammenhängen nachgewiesen und erprobt
Die Flexibilität kann für mehrere Systemzwecke genutzt werden
- Innerhalb des einzelnen Gebäudes (hinter der Sicherung) können ESWHs beispielsweise mit Elektroautos und Stromerzeugung aus Solarpanelen interagieren und so zu einer besseren Nutzung der lokalen Erzeugung und zum Ausgleich von Lastschwankungen beitragen.
- Im Verteilnetz kann die Flexibilität als Alternative zu Netzinvestitionen genutzt werden, um das Spannungsniveau aufrechtzuerhalten oder Engpässe oder kritische Netzsituationen zu bewältigen.
- Im Systembetrieb kann die Flexibilität zur Frequenzregelung und zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage genutzt werden. Die Flexibilität von ESWHs wird bereits seit Jahrzehnten in Ländern wie Frankreich, Finnland und der Schweiz im Systembetrieb genutzt.
Der Wert bemisst sich an den Kosten der Alternativen
ESWHs sind nicht die einzige Quelle von Systemflexibilität. Der Wert der Flexibilität, die sie bieten können, hängt von der Art der benötigten Flexibilität und den Kosten alternativer Flexibilitätslösungen ab. Da elektrisch betriebene Warmwasserspeicher bereits weit verbreitet sind, sind ihre Zusatzkosten im Vergleich zu anderen Flexibilitätsquellen wie dezentralen Netzbatterien, lokaler Erzeugung, Lastunterbrechung oder Reservekapazität gering.
Basierend auf alternativen Kosten und Marktpreisen haben wir den Wert der ESWH-Flexibilität auf 8-500 €/kW/Jahr geschätzt. Dies sind Werte für einzelne Flexibilitätsdienste, aber ESWHs können im Laufe eines Jahres verschiedene Arten von Flexibilitätsdiensten in unterschiedlichen Bereichen anbieten.
Auch wenn die Schätzungen unsicher sind, besteht kein Zweifel daran, dass sowohl der Flexibilitätsbedarf, als auch die Kosten für Alternativressourcen steigen werden. Wir gehen davon aus, dass Flexibilität aus mehreren Quellen erforderlich ist, um Systemanforderungen zu erfüllen und die Kosten niedrig zu halten.
Hintergrund des Berichts ist die laufende Überarbeitung der EU-Ökodesign-Richtlinie 814/2013. Strenge Energieeffizienz-Anforderungen in der Richtlinie haben das Flexibilitätspotenzial großer ESWHs bereits reduziert. Die derzeit erwogenen verschärften Anforderungen drohen, elektrische Warmwasserspeicher zu verbieten, die in Europa weit verbreitet sind und ein erhebliches Flexibilitätspotenzial bieten.
Der Bericht wurde von der norwegischen Direktion für Wasserressourcen und Energie (NVE) in Auftrag gegeben.