Die Nutzung von Wasserstoff im großen Ausmaß gilt als wichtig für die finale Dekarbonisierung der kompletten Wirtschafts. Einige Länder, wie z. B. Großbritannien und Deutschland, starten daher schon umfangreiche politische Initiativen, um eine groß angelegte Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Gang zu setzen. In Norwegen sind die Diskussionen dazu noch am Anfang. Ein Großteil der aktuellen Debatte dreht sich um den möglichen Einsatz von CfDs zur Unterstützung der Entwicklung einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Im Folgenden legen wir dar, was und was nicht CfDs leisten können, und versuchen einen Einblick zu geben, wie eine funktionierende Förderregelung aussehen könnte.
Hindernisse für Wasserstoff
Es gibt zahlreiche Herausforderungen für die groß-aufgelegte Nutzung von Wasserstoff. Idealerweise müssen Politikmaßnahmen zu ihrer Überwindung daher so konzipiert sein, dass sie mehrere Hindernisse gleichzeitig aus dem Weg räumen.
- Hohe Kosten im Vergleich zu Alternativen
Die meisten Produktions- und Anwendungsarten für kohlenstoffarmen Wasserstoff sind teurer als ihre kohlenstoffreichen Alternativen - Politische und regulatorische Unsicherheit
Die langfristigen politischen Ambitionen zur Unterstützung des Wasserstoffmarktes als auch die künftigez Entwicklung des CO2-Preises sind unsicher. Das macht Investitionsentscheidungen für Projektentwickler schwierig - Ungewissheit in Bezug auf Angebot/Nachfrage
Der noch unausgereifte Wasserstoffmarkt birgt ein Koordinationsproblem: Projektentwickler sowohl auf der Angebot- als auch der Nachfrageseite haben oft Probleme, einen Marktpartner zu finden - Kommerzielle Unausgereiftheit
Es fehlen Normen, Marktplätze, Börsen usw., die einen Markt mit gut funktionierendem Handel ausmachen - Vertrieb und Lagerung
Schließlich müssen geeignete Vertriebs- und Lagereinrichtungen vorhanden sein, damit der Markt über die Selbstversorgung und die lokalen Märkte hinaus expandieren kann
Die mögliche Rolle von Differenzverträgen
Eines der Haupthindernisse der Entwicklung von grünem Wasserstoff ist seine (noch) geringe Wettbewerbsfähigkeit mit Treibhausgas-intensiven Alternativen. Unter anderem Deutschland will dieses Problem durch Differenzverträgen (CfDs) lösen.
CfDs sind Finanzverträge zwischen zwei Parteien, von denen eine in der Regel der Staat und die andere ein Marktteilnehmer ist. Der Vertrag bezieht sich auf die Differenz zwischen zwei Preisen: einem Referenzpreis und einem vertraglichen Basispreis. Der Marktakteur, z. B. ein Erzeuger, verkauft sein Produkt auf dem freien Markt und erhält sowohl den Marktpreis (vom Markt) als auch die verbleibende Differenz zwischen Marktpreis und Basispreis (vom Staat im Rahmen des CfDs). Infolgedessen erhält der Erzeuger für jede verkaufte Einheit effektiv den im CfD vertraglich festgelegten Basispreis. Im Laufe der Zeit wird die Höhe der Auszahlungen im Rahmen des Vertrags mit den Veränderungen des Marktpreises variieren. Wenn die Verträge als zweiseitige CfD konzipiert sind, muss der Erzeuger zudem die Differenz an den Staat zurückzahlen, wenn der Marktpreis den Basispreis übersteigt. Umgekehrt kann der Staat auch einem Produktkäufer einen fixen Kaufpreis per CfD garantieren. Der Käufer kauft dann am freien Markt, kriegt aber die Differenz zwischen dem im CfD vereinbarten und dem Marktpreis vom Staat zurückerstattet.
CfDs sichern einen bestimmten Preis (den vordefinierten Basispreis) für jede verkaufte oder gekaufte Einheit, wodurch das Preisrisiko von einer CfD-Partei auf die andere übergeht. Wenn der Basispreis hoch (tief) genug ist, wirkt er auch als Subvention für den Produktverkäufer (-käufer). Diese Kombination aus Preissicherheit und finanzieller Unterstützung kann dazu beitragen, private Investitionen auszulösen, und kann daher ein nützliches Instrument sein, um die Entwicklung eines Wasserstoffmarktes in Gang zu bringen.
Entwicklung eines funktionalen Unterstützungsmechanismus
Es gibt jedoch noch viele Detailfragen, die noch ausgearbeitet werden müssen:
- Fördern wir Emissionseinsparungen oder gehandelte Wasserstoffmengen?
- Wen unterstützen wir eigentlich?
- Wie lässt sich der Marktpreis für Wasserstoff überhaupt ermitteln?
Die norwegischen politischen Ziele müssen sich im Design des Vertrags widerspiegeln. So könnte zum Beispiel eine direkte Verknüpfung der CfD-Auszahlungen mit Emissionsreduzierungen Maßnahmen fördern, welche einfach grauen Wasserstoff in schon bestehenden industriellen Anwendungen ersetzen. Das würde die Verwendung von Wasserstoff in neuen Sektoren möglicherweise nur begrenzt fördern, und ist daher möglicherweise nicht die beste Wahl, um ein breiteres Dekarbonisierungspotenzial freizusetzen. Im Gegensatz dazu könnte die Verknüpfung der Förderung mit dem Wasserstoffabsatz die Hemmnisse für die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger auf breiterer Basis besser abbauen und damit längerfristig kostengünstigere Emissionsminderungen unterstützen. Es wäre sogar denkbar, dass sich die Grundlage der Förderregelung im Laufe der Zeit anpasst, einhergehend mit einem sich ändernden Schwerpunkt der Politik.
Theoretisch sollte es unerheblich sein, ob die Unterstützung entweder dem Erzeuger oder dem Verbraucher (oder einer Kombination aus beiden) gewährt wird. In jedem Fall wird die Summe dieser Unterstützung dazu verwendet, die Kostenlücke zwischen kohlenstoffarmem Wasserstoff und der kohlenstoffreichen Alternative zu schließen. Es gibt jedoch einige praktische Überlegungen dazu, wo die Unterstützung gezahlt wird. So ist beispielsweise zu bedenken, wie sich die Wahl der geförderten Wasserstoff-Unternehmens auf kommerzielle Investitionsentscheidungen, auf die Erreichung des angestrebten politischen Ziels, auf die Möglichkeit wettbewerbsorientierter Ausschreibungen und auf die verwaltungstechnische Komplexität der Regelung auswirkt.
Zudem wird es aller Wahrscheinlichkeit nach notwendig sein, den im Vertrag verwendeten Wasserstoff-Referenzpreis „künstlich“ festzulegen. Der Markt, dem er normalerweise entnommen werden könnte, besteht ja noch nicht. Idealerweise sollte dieser Referenzpreis die Differenz zwischen den Produktionskosten von kohlenstoffarmem Wasserstoff und dem Wert, den der Verbraucher beim Kauf hat, widerspiegeln.
Ein anschaulicher Unterstützungsmechanismus
Wie könnte also ein Unterstützungssystem aufgebaut sein? Ein mögliches Modell könnte wie folgt aussehen:
- Es wird eine CfD-Regelung mit dem ausdrücklichen Ziel eingeführt, den Betriebskostennachteil von kohlenstoffarmem Wasserstoff im Vergleich zu kohlenstoffreichen Alternativen auszugleichen. Die Regelung ist Teil eines Maßnahmenpakets, das den großflächigen Einsatz von Wasserstoff in verschiedenen Bereichen fördern soll. Das soll strategische Optionen für eine umfassendere Dekarbonisierung von schwer zu behandelnden Sektoren eröffnen
- Der CfD wird pro kg Wasserstoff gezahlt.
- Die Höhe der Förderung wird anhand einer Formel festgelegt, die den Preisunterschied zwischen kohlenstoffarmem Wasserstoff und einer kohlenstoffreichen Alternative schätzt. Bei der Förderung eines grünen Wasserstoffprojekts, das auf die Endnutzung im maritimen Sektor abzielt, können beispielsweise die Strompreise und die Kosten für Bunkertreibstoff als mögliche Kostenfaktoren in diese Formel einfließen
- Die Projekte werden in einem offenen Ausschreibungsverfahren ausgewählt, um die Projekte auszuwählen, die den strategischen Zielen am besten entsprechen
- Die Höhe der Unterstützung wird durch Verhandlungen zwischen dem Staat und dem ausgewählten Projekt vereinbart und variiert in Abhängigkeit von der Benchmark (d.h. zum Beispiel von der Höhe der Strom- und Bunkerkraftstoffpreise)
Politische Implikationen
Differenzverträge können theoretisch private Investitionen in Wasserstoff mit minimaler öffentlicher Unterstützung auslösen. Das macht sie zu einem nützlichen politischen Instrument. Allerdings sind sie kein Allheilmittel. Idealerweise sollten parallel dazu andere politische Maßnahmen ergriffen werden, um einige der flankierenden Herausforderungen zu bewältigen (Ausbildungsinitiativen, Netzwerkaufbau, Steuerregelungen, etc.). Wenn CfDs eingeführt werden sollen, müssen die politischen Entscheidungsträger und Industrie zudem erst die oben hervorgehobenen detaillierten Umsetzungsfragen klären. Dabei bestehen viele Möglichkeiten, von den Erfahrungen anderer Märkte zu lernen und diese an Norwegens Bedürfnisse anzupassen.