Das Facelift der Wasserstoff Strategie
Die in 2020 zuerst veröffentlichte Strategie sollte eigentlich nur alle 3 Jahre ein Update bekommen. Aufgrund Deutschlands misslicher Situation und des Regierungswechsels im vergangenen Jahr wurde bereits jetzt ein neuer Entwurf veröffentlicht. Um dem ambitionierten Ziel von 10 GW Elektrolysekapazität näherzukommen, enthält dieser neue Draft die ein oder andere interessante Neuerung zu ihrer Vorgängerversion.
Ausbau Elektrolysekapazität
Besonders überraschend ist dabei die Aufnahme des Imports und der Produktion von blauem Wasserstoff, welche in der Mangellage an grünem Wasserstoff begründet ist. Zur heimischen Produktion des Brennstoffes sollen dafür alleine in 2023, 2,2°GW installierter Leistung, sowohl On-Shore als auch in Kombination mit Off-Shore Windkraft, zugelassen werden. Ergänzend zu diesen durch das europäische IPCEI Wasserstoff (Important Project of Common European Interest) geförderten Projekten, sollen außerdem im Zuge des Windkraft-auf-See-Gesetzes bis einschließlich 2028, jährlich 500°MW Elektrolyseleistung ausgeschrieben werden.
Netzausbau
Nebst der ambitionierten Ziele zu Elektrolysekapazitäten enthält der Entwurf außerdem umfangreiche Neuerungen in Bezug auf Wasserstoffinfrastruktur. Ebenfalls durch die IPCEI Wasserstoff gefördert, wird sich zum Ziel gesetzt bis 2027, 1850°km Wasserstoffnetz aufgebaut zu haben. Zu 1050 km Umrüstung aus Gasinfrastruktur sollen 800 km neu gebauter Wasserstoffleitungen kommen. Analog wird auch im Bereich der Speicherung auf die bestehende Gasinfrastruktur gesetzt. Bis 2027 ist der Bau von 3 neuen Kavernenspeichern geplant, die zusätzlich durch stückweise Umrüstung von Gasspeichern ergänzt werden sollen. Subsumierend wird in diesem Vorhaben eine nationale Reserve für Wasserstoff angestrebt, die Krisenresilienz gewährleistet. Insbesondere interessant ist auch, dass die Regierung mit dem neuen Update plant eine staatliche Behörde einzurichten, die nicht nur den Bau der neuen Wasserstoffinfrastruktur beaufsichtigen, sondern bestehendes Wasserstoffnetz, wie auch umzurüstende Erdgasleistungen aufkaufen wird.
Da ein nicht unerheblicher Anteil des deutschen Wasserstoffbedarfs auch mittel bis langfristig importiert werden wird, sollen bis 2030 entsprechende Importpipelines gebaut sein. Eine Importstrategie meldet das BMWK für kommendes Jahr an.
Abgesehen von den ambitionierten Zielen zu Elektrolysekapazitäten und Infrastruktur schlägt die Strategie auch diverse Förderinstrumente vor, wie den EU-weiten Hochlauf unterstützen sollen. Außerdem wird auch die nicht direkt elektrifizierbare See- und Luftfahrt adressiert. Hier soll in 2023 und -24 die Produktion von synthetischen Kraftstoffen angekurbelt werden.
„Klimaschutzverträge“ für die Industrie
Abgesehen der neuen nationalen Wasserstoffstrategie stehen im Bereich Wasserstoff auch die CCfDs, zur Unterstützung der Industrie, in den Startlöchern. Bis Ende Dezember 2022 sollten, so Verlautbarung des BMWK, die Anhörungen zur entsprechenden Förderrichtlinie beendet worden sein und die Klimaschutzverträge, nach letzter Überarbeitung und interner Abstimmung, der Industrie zur Verfügung stehen.
Fördervorraussetzungen
In einem Kompromiss einigte sich die Regierung jetzt nicht nur mit der Dauer auf eine 15-jährige Laufzeit, sondern, mehr überraschend, auch hier auf die zusätzliche Förderung blauen Wasserstoffes, bei zusätzlicher Anwendung von CCS (Carbon Capture and Storage). Darüber hinaus sollen auch Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methan, Methanol und PtL für die Förderung qualifizieren. Zu guter Letzt sollen auch Fossile nicht komplett aus der Gleichung gekürzt werden, denn auch Projekte, die den Umweg über Erdgas zur Umrüstung auf Wasserstoff nehmen, disqualifizieren sich nicht.
Die Qualifizierung für das Förderprogramm ist hierbei eng an das Potenzial Emissionen zu sparen gekoppelt. Bei blauem Wasserstoff sieht die Richtlinie mindestens eine Verringerung von 73,4 % der Lebenszyklusemissionen eines Projekts im Vergleich zur Verwendung fossiler Brennstoffe vor. Während für Projekte mit grünem Wasserstoff eine höhere Förderung gewährt wird als bei blauem Wasserstoff, kommen reine CO₂-Speicher- oder reine CO₂-Transportprojekte im Gegensatz zu CSS-Projekten entlang der gesamten Lieferkette nicht für eine Förderung infrage. Weitere Hürden an die geförderten Projekte sind zum einen, dass alle Projekte zu 100 % aus Ökostrom gespeist werden müssen und zum anderen bereits nach einem Jahr zu 50°% und nach 2 Jahren zu 60 % Emissionseinsparungen führen müssen. Final müssen alle Projekte das Zugangskriterium, der Klimaneutralität erfüllen und somit mindestens 95 % Emissionsreduktion gewährleisten.
Fördermechanismus
Die eigentlichen CCfDs (Carbon Contract for Difference) kommen unter dem Namen Betriebskosten-Zuschüsse zu tragen: Niedrige CO₂-Zertifikatspreise machen Investitionen in Emissionsminderung wenig attraktiv. Um dem Rechnung zu tragen, enthält jeder der Verträge einen vereinbarten „Basisvertragspreis“. Liegt dieser Preis über dem Marktpreis, werden die geförderten Projekte für die Differenz entschädigt. Umgekehrt müssen Förderempfänger die Differenz an den Staat zahlen, wenn die Marktpreise für CO₂ den vereinbarten Basisvertragspreis übersteigen.
Besonders innovativ ist hier die Dynamisierung der vereinbarten Basisvertragspreise. Durch jährliche Anpassungen dessen an Energiepreistrends der eingesetzten Technologie sollen so die Differenzen des vereinbarten Preises an den tatsächlichen geglättet werden. So wird das Instrument für Geförderte weniger risikobehaftet und gleichzeitig kosteneffizienter. Bei Projekten mit sukzessivem Fuel-Switch wird die Dynamisierung des Basispreis entsprechend dem Energieträger angepasst.
Die Vergabe soll über Ausschreibungen nach Pay-as-Bid Auktionsformat mit Höchstpreis erfolgen, bei der die Bietenden den Zuschlag nach Reihenfolge der Bewertung ihres Projekts bekommen. Die Bewertung soll hier zu 70 % anhand ihrer Förderkostengewichtung, 15 % ihrer Emissionsminderung und 15 % der Energieintensität erfolgen.
Bilaterale Zusammenarbeit schafft Geschäftsmöglichkeiten
In diesem Zusammenhang verstärken und erweitern Deutschland und Norwegen ihre Energiekooperation. Entsprechende Erklärungen wurden im Januar unterzeichnet. Beide Länder vereinbaren eine strategische Partnerschaft in den Bereichen Klima, erneuerbare Energien und grüne Industrie. In einer Erklärung zum Thema Wasserstoff bestätigen beide Partner ihre gemeinsame Absicht, bis 2030 eine umfangreiche Versorgung mit Wasserstoff aufzubauen und das Ziel, die dafür notwendige Infrastruktur von Norwegen nach Deutschland zu errichten.
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